Wie MyHeritage und FamilySearch lebende Verwandte verbinden
Die Genealogie-Plattform MyHeritage hat eine neue Funktion eingeführt, die es ermöglicht, lebende Verwandte zu entdecken – auch ohne DNA-Test. Während MyHeritage mit dem „Cousin Finder™“ eine dauerhafte Lösung bietet, setzt FamilySearch auf die vergleichbare, temporäre Funktion „Verwandte bei der RootsTech“. Über Letzteres wurde im Blog des Vereins für Computergenealogie (CompGen) in einem Beitrag bereits berichtet.
MyHeritage: Cousin Finder – Verwandte finden ohne DNA-Test

Seit März 2025 bietet MyHeritage mit dem „Cousin Finder™“ eine Funktion an, die auf Basis von Smart Matches™ lebende Verwandte identifiziert, mit denen man gemeinsame Vorfahren teilt. Dabei werden nicht nur Cousins, sondern auch entfernte Tanten, Onkel, Nichten und Neffen erkannt. Besonders hilfreich: Die genaue Verwandtschaftsbeziehung wird jeweils angezeigt, etwa „Sohn eines Cousin dritten Grades“. Man kann die gefundenen Verwandten direkt kontaktieren, wenn man ein kostenpflichtiges Abonnement bei MyHeritage hat. Die neue Funktion ist über die Desktop- und die mobile Webversion von MyHeritage zugänglich. Eine Integration in die mobile App ist geplant.
Voraussetzung ist, dass man für den eigenen Stammbaum bei MyHeritage die Smart Matches-Funktion aktiviert hat. Man muss aber die dort gefundenen Treffer gar nicht alle manuell bestätigen, denn die neue Suchfunktion vergleicht alle Smart Matches von eigenen Vorfahren mit den Daten zu Vorfahren in den Bäumen aller anderen Nutzer von MyHeritage. Nun müssen die Angaben im eigenen oder in fremden Bäumen natürlich nicht unbedingt stimmen. Es ist also ratsam, gefundene Verbindungen zu den Verwandten zu verifizieren, etwa durch einen DNA-Test. Wenn für einen entfernten Verwandten ein solcher Test bei MyHeritage bereits vorliegt, weist der Cousin Finder darauf hin.
Praktische Erfahrungen mit dem Cousin Finder und Datenschutzbedenken
Der Cousin Finder ist also kein Ersatz für DNA-Tests, sondern eine sehr sinnvolle Ergänzung dazu. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass man auch bei einer sehr gut erforschten Familie und bei einer langjährigen Nutzung von Smart Matches mit dem neuen Angebot von MyHeritage immer noch unerwartet Neues entdecken kann. So entdeckte ich unter den 18 Treffern einen Sohn eines Halb-Cousins dritten Grades von mir. Er hat nur einen kleinen Stammbaum, der aber auch meinen Ururgroßvater enthält. Und da dieser Nutzer auch einen DNA-Test bei MyHeritage gemacht hatte, fand ich nun das unspektakuläre gemeinsame DNA-Segment mit seiner kleinen Größe von nur 11,7 cM, das bislang in den Tausenden meiner DNA-Matches unentdeckt geblieben war.
Allerdings gibt es datenschutzrechtliche Bedenken. Die Funktion ist für alle Nutzer bei MyHeritage mit aktivierten Smart Matches verfügbar, ohne dass eine explizite Zustimmung zur Anzeige der eigenen Person für andere Nutzer im Rahmen dieser neuen Funktion eingeholt wird. Zwar können Nutzer in den Datenschutzeinstellungen Smart Matches deaktivieren, doch die Standardeinstellung erlaubt die Anzeige potenzieller Verwandter. MyHeritage geht anscheinend davon aus, dass bereits die Grundeinstellungen die Anzeige erlauben.
FamilySearch: Verwandte bei der RootsTech – temporäre Verbindungen mit Zustimmung
FamilySearch verfolgt einen anderen Ansatz. Während der jährlichen RootsTech-Konferenz können Teilnehmer die Funktion „Verwandte bei der RootsTech“ aktivieren. Dabei wird explizit um Zustimmung gebeten, und die Anzeige der Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Konferenzteilnehmern ist zeitlich auf das Umfeld der Konferenz begrenzt. Danach wird die Funktion deaktiviert, und die Daten sind nicht mehr sichtbar. FamilySearch nutzt dafür den gemeinsamen Weltbaum (FamilySearch Family Tree), was die Identifikation von Verbindungen leicht macht, da kein Smart Matching benötigt wird. Man muss sich selbst aber im Weltbaum eintragen. Dort sind lebende Personen standardmäßig geschützt und nur für den Ersteller des jeweiligen Eintrags sichtbar.
Bei der letzten Rootstech bin ich so auf weit über hundert Verwandte hingewiesen worden. Die allermeisten davon Cousins und Cousinen achten oder neunten Grades aus den USA mit teilweise zweifelhaften Stammbäumen in diesem Weltbaum. Die Zeit hat zum Verifizieren nicht ausgereicht, aber nächstes Jahr ist ja wieder eine RootsTech. Und es sind ein paar sehr nette Kontakte geknüpft worden.
Fazit: Balance zwischen Vernetzung und Datenschutz
Beide Plattformen bieten also eine innovative Möglichkeit, lebende Verwandte für die gemeinsame Forschungsarbeit zu entdecken. Während MyHeritage eine kontinuierlich verfügbare Lösung mit einer zusätzlichen Anbindung an die DNA-Tests des Unternehmens bietet, setzt FamilySearch auf temporäre Anzeigen von Verbindungen mit einer klaren Zustimmung durch die Nutzer. Nutzer von MyHeritage sollten sich der Datenschutzimplikationen bewusst sein und ihre Einstellungen entsprechend anpassen, wenn sie nicht persönlich gefunden werden wollen.
Gemeinsame Genealogie macht mehr Freude und führt oft zu erfolgreicheren Ergebnissen. Daher stellt sich die Frage, wann auch andere Plattformen vergleichbare Vernetzungsmöglichkeiten anbieten werden. WikiTree hat mit seinem Weltbaum beste Voraussetzungen dafür, ist aber bei der Eintragung von noch lebenden Personen sehr restriktiv. Der Dienst GEDBAS des Vereins für Computergenealogie kennt leider keine Smart Matches und enthält (idealerweise) keine Daten von lebenden Personen. Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft genealogischer Verbände e.V. (DAGV) bot einmal die Vernetzungsplattform FOKO an, die Forschende mit gleichem Interesse zusammengebracht hat. Dieser Dienst wurde aber im Frühjahr 2018 aufgrund der rechtlichen Unsicherheit durch die DSGVO im Umgang mit den persönlichen Daten der Forschenden abgeschaltet. Vielleicht ist es nun an der Zeit so etwas Ähnliches neu zu konzipieren.