Mördersuche mittels DNA-Genealogie – neue Gesetze in Schweden und Dänemark
Vor gut fünf Jahren half der Genealoge Peter Sjölund der schwedischen Polizei, nach 16 Jahren den Doppelmord von Linköping aufzuklären. Er brauchte dafür fünf Wochen, die DNA des gesuchten Täters und die Daten von schwedischen Familienforscherinnen und -forschern. Nach den Erfahrungen mit diesem Pilotfall legen in Schweden und Dänemark jetzt neue Gesetze fest, unter welchen Umständen die Polizei die Forensische DNA-Genealogie, u.a. bei der Mördersuche, anwenden darf – erstmals in der EU.
Schweden
In Schweden gilt das Gesetz für Mord und schwere Vergewaltigung, aber genealogische Recherchen sind nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig:
- Die DNA-Spur vom Tatort muss mit Sicherheit vom Täter stammen.
- Alle polizeilichen Ermittlungsmethoden müssen ausgeschöpft und gescheitert sein, bevor die Polizei einen Genealogen oder eine Genealogin beauftragen darf.
- Es muss gute Aussichten auf einen Erfolg der DNA-genealogischen Recherchen geben.
Um letztes zu klären schaut die Polizei auf die Analyse der biogeographischen Herkunft: Sie muss zeigen, dass die gesuchte Person aus einer Weltregion stammt, in der sich viele Menschen mit DNA-Genealogie befassen. In Schweden trifft das zu, dort nutzen viele Familienforscherinnen und -forscher ihre DNA als genealogische Quelle. Auch ein Skandal um Samenspender hat die DNA-Genealogie bekannt gemacht. Menschen mit schwedischer Herkunft finden weit mehr nahe Matches als zum Beispiel Deutsche.
Dänemark
Auch in Dänemark macht man sich Hoffnungen, mithilfe der Ahnenforschung schwierige Fälle aufzuklären. Dort gilt das Gesetz für Mord, Terrorismus und andere schwere Straftaten, unter vergleichbaren Voraussetzungen wie in Schweden.
Mithilfe der Forensischen DNA-Genealogie wurden in den USA schon über 300 Gewaltverbrecher ermittelt, oft viele Jahre nach der Tat. Noch häufiger sind die Erfolge bei der Identifikation von Toten: Mehr als 600 Menschen bekamen mithilfe genealogischer Recherchen ihren Namen zurück, und ihre Familien erfuhren endlich vom Schicksal der vermissten Angehörigen. In einigen Fällen erfuhren auch Lebende, die z.B. als Kleinkinder entführt worden waren, wer sie sind.
Genealogische Datenbanken und Genealogie-Profis

Nur zwei genealogische Datenbanken erlauben polizeiliche Ermittlungen: FamilyTreeDNA – dort wird die Probe vom Tatort analysiert – und GEDmatch. Bei beiden hat die Polizei aber nur Zugriff auf die Daten von jenen Nutzerinnen und Nutzern, die das erlauben („opt-in“). Dass DNA eines Gewaltverbrechers aus der EU in diese Datenbanken eingespeist werden, ist mit der Datenschutz-Grundverordnung vereinbar, da besondere Regelungen für die Strafverfolgung gelten. Dies gilt nicht für die Identifikation von Toten, weil nicht zwingend eine Straftat zu ihrem Tod geführt haben muss.
Um die gesuchte Person zu finden, suchen von der Polizei beauftragten Genealogie-Profis zunächst die besten Matches zur Tatort-DNA und dann das gemeinsame Vorfahren-Paar all dieser Personen – vier, fünf Generationen zurück. Dann werden alle Nachkommen dieses Vorfahrenpaars gesucht. Für diese Recherchen kommen sämtliche verfügbaren Quellen, vom Kirchenbuch bis Facebook, und auch andere Genealogie-Datenbanken zum Einsatz. Unter den Nachfahren sollte die gesuchte Person sein.
Dann übernimmt wieder die Polizei, die jetzt in einem überschaubaren Personenkreis ermitteln kann. Dafür greift sie auch auf ihre eigenen DNA-Analysen zu Augen- Haar- und Hautfarbe, zu Alter und Herkunft zurück: Wer passt, wer kann am Tatort gewesen sein? DNA-Proben von den Hauptverdächtigen werden mit der Tatort-Spur verglichen, bis es einen Treffer gibt.
Nähere Informationen über die weitere Pilotfälle in Europa und Literatur zu dieser Methode sind im GenWiki-Artikel Forensische DNA-Genalogie zu finden.